this post was submitted on 14 Oct 2025
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[–] Quittenbrot@feddit.org 3 points 5 days ago (14 children)

Internationalen Zerwürfnissen begegnet man nachhaltig über transnationale Zusammenschlüsse, den langfristigen Abbau des Nationalismus und damit dem Aufbau einer geeinten Zivilgesellschaft. Dass Deutschland und Frankreich keine Kriege mehr miteinander führen hat nichts mit der Bundeswehr oder der Armée française zu tun.

Soweit die Theorie, ja. Dass Frankreich und Deutschland keine Kriege mehr führen, hat vor allem damit zu tun, dass auf beiden Seiten, aber insbesondere auf Seiten des Aggressors Deutschland, die Einsicht herrschte, dass man in Zukunft besser zusammen besteht. Der heutige Aggressor steht noch mit Hunderttausenden in der Ukraine und schießt während wir hier fröhlich schreiben seine Grenzen Meter für Meter Richtung Westen. Der ist noch nicht so weit wie Deutschland nach '45.

Imaginären Bedrohungen begegnet man nicht, realen begegnet man konsequent.

Ist halt die Frage, ob man die Situation an unserer Ostflanke als "imaginär" oder "real" bezeichnen möchte. Ich für mich weiß da eine klare Antwort.

Ein Schrei nach Aufrüstung setzt voraus, dass bestehende Ressourcen nicht zur (militärischen) Lösung etwaiger realer Probleme ausreichen… was grober Unfug ist, oder nicht?

Da würde ich unterscheiden: einfach blank nach immer "mehr mehr mehr" zu schreien, bringt nichts - und es gibt erhebliches Verbesserungspotenzial, mit dem Geld für Rüstung in Europa die größtmögliche Schlagkraft zu erreichen. Hier reden wir aber von Wehrdienst und das sehe ich tatsächlich anders: ohne Truppen nützt kein Gerät und hier haben wir einfach starken Verbesserungsbedarf. Wir haben uns nach dem Fall des Eisernen Vorhangs den Traum erlaubt, auf die Wehrpflicht verzichten zu können, aber dazu gehört eben auch, anzuerkennen, wenn sich die Rahmenbedingungen wieder ändern. Mit einem derart imperialistisch-aggressiv agierenden Russland ist das leider gegeben.

Nach Putin, nach einer Abkehr der nationalistischen Politik, ist auch für Russland wieder ein Platz für Zusammenarbeit gegeben - wie es auch vor 2022 gegeben war. Der Ball dafür liegt aber bei ihnen.

[–] splendoruranium@infosec.pub 0 points 5 days ago (13 children)

Soweit die Theorie, ja. Dass Frankreich und Deutschland keine Kriege mehr führen, hat vor allem damit zu tun, dass auf beiden Seiten, aber insbesondere auf Seiten des Aggressors Deutschland, die Einsicht herrschte, dass man in Zukunft besser zusammen besteht. Der heutige Aggressor steht noch mit Hunderttausenden in der Ukraine und schießt während wir hier fröhlich schreiben seine Grenzen Meter für Meter Richtung Westen. Der ist noch nicht so weit wie Deutschland nach '45.

Da stimme ich dir zu und verweise auf die Möglichkeit den Aggressor mit bestehenden Mitteln in die Schranken zu weisen.

Ist halt die Frage, ob man die Situation an unserer Ostflanke als “imaginär” oder “real” bezeichnen möchte. Ich für mich weiß da eine klare Antwort.

Für mich ist die Antwort auch klar, aber ich vermute, wir haben andere klare Antworten. Was macht sie für dich klar?

Da würde ich unterscheiden: einfach blank nach immer “mehr mehr mehr” zu schreien, bringt nichts - und es gibt erhebliches Verbesserungspotenzial, mit dem Geld für Rüstung in Europa die größtmögliche Schlagkraft zu erreichen. Hier reden wir aber von Wehrdienst und das sehe ich tatsächlich anders: ohne Truppen nützt kein Gerät und hier haben wir einfach starken Verbesserungsbedarf. Wir haben uns nach dem Fall des Eisernen Vorhangs den Traum erlaubt, auf die Wehrpflicht verzichten zu können, aber dazu gehört eben auch, anzuerkennen, wenn sich die Rahmenbedingungen wieder ändern. Mit einem derart imperialistisch-aggressiv agierenden Russland ist das leider gegeben.
Nach Putin, nach einer Abkehr der nationalistischen Politik, ist auch für Russland wieder ein Platz für Zusammenarbeit gegeben - wie es auch vor 2022 gegeben war. Der Ball dafür liegt aber bei ihnen.

Würde ich grundsätzlich nicht widersprechen, aber was meinst du mit deinem letzten Satz? Warten auf einen Staatsstreich? Den zu begünstigen geht einfacher, als über Jahre hinweg mühselig die eigenen Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme zu sabotieren, indem man sie unnötig militarisiert.

[–] Quittenbrot@feddit.org 2 points 4 days ago (10 children)

Da stimme ich dir zu und verweise auf die Möglichkeit den Aggressor mit bestehenden Mitteln in die Schranken zu weisen.

Du fragst in deinem verlinkten Post danach, was einen Angriff Russlands plausibel erscheinen lässt. Gerne möchte ich dir meine Sichtweise darauf erläutern:

Ähnlich wie bei der Ukraine denke ich, dass der Weg in den Konflikt nicht dadurch bestimmt ist, dass von vornherein das "ganz große Bild" gedacht wird. Erinner dich, dass Russland Anfang 2022 mit vielleicht 150k Mann an der Grenze stand und viele Skeptiker sagten, dass man alleine schon an dieser geringen Zahl Soldaten sehen würde, dass Putin doch niemals wirklich einmarschieren würde, sondern nur blufft. Frau Wagenknecht hat uns quasi unmittelbar vor der Invasion im Fernsehen noch breit erklärt, wie hanebüchen die Warnungen von westlichen Kriegshysterikern wären, weil Putin doch schließlich kein Idiot sei. Na, zumindest unmittelbar nach der Invasion hatte sie dann aber ziemlich Kreide gefressen.

Putin ist dem Trugschluss aufgesessen, die Invasion in die Ukraine wäre kalkulierbar und schnell erledigt. Wer kann es ihm verübeln, 2014 auf der Krim hat man ihn ja auch gewähren lassen und gleichzeitig hat er ein Umfeld geschaffen, das ein Interesse hat, ihm nur noch zu sagen, was er hören mag. Und heute stehen hunderttausende im vierten Jahr des Krieges an der Front, er hat unermesslich viel Material aber eben auch Menschen verloren und zu Hause kackt ihm die Wirtschaft ab. Hätte er das im Januar 2022 gewusst, hätte er es wohl nicht gemacht.

Und nun? Sein Land ist auf Kriegswirtschaft umgestellt, das heißt, er kann ohne weiteres auch gar nicht mehr raus aus der Nummer, ohne dass daheim der komplette Zusammenbruch erfolgt. Krieg hält dieses Land wirtschaftlich noch am Leben. Gleichzeitig wurden, wie schon bei der Ukraine, rhetorisch längst Herrschaftsansprüche bspw. im Baltikum geltend gemacht, während Putin selber den Zusammenbruch der Sowjetunion als größte Katastrophe bezeichnet. Wir haben es hier mit einem autokratischen Herrscher auf der Suche nach verlorener nationaler Größe und Ehre zu tun. Gerade da sollten bei uns Deutschen die ganz große Alarmglocke schellen, wir kennen das.

“Lass mal gucken, ob die Artikel 5 wirklich machen, höhö”

Ich erwarte keine offene, große Konfrontation mit der gesamten NATO, denn insbesondere von einer direkten Konfrontation mit den Amerikanern könnte er sich quasi nix versprechen. Aber ich halte ein mehr oder minder "hybrides" Vorgehen im Baltikum für absolut realistisch und tatsächlich erwartbar. Es wird eines Tages einen Vorfall mit den berühmt-berüchtigten 'Grünen Männchen' bspw. in der estnischen Grenzstadt Narva geben. Wenn da plötzlich 2.500 Mann in 2 Stunden konzertiert die Stadt besetzen, was macht dann der 'Westen'? Lösen wir tatsächlich Artikel 5 aus und würde der dann tatsächlich zu einer offenen militärischen Konfrontation mit Russland führen? Wir haben heute schon sehr viele Leute, die mit Blick auf die Ukraine sagen, dass man sie ihm doch einfach lassen sollte. Warum sollte das bei Estland anders sein? Wollen wir einen Weltkrieg lostreten wegen einer 50.000-Einwohner-Stadt irgendwo im Nirgendwo? Genau das wird dann gefragt werden.

Dazu kommt, dass wohl momentan keiner ernsthaft davon ausgehen kann, dass die Amerikaner tatsächlich sicher ihrer Bündnisverpflichtung nachkommen würden. Deren Präsident würde die Esten und uns andere Europäer mit einem Wimpernschlag in einem seiner "Deals" verhökern. Damit ist jedoch in Europa die Abschreckungswirkung des amerikanischen Löwenanteils in der NATO mehr oder minder zahnlos geworden.

Also ja, ich gehe tatsächlich davon aus, dass gerade die existierenden Zweifel an der tatsächlichen Effektivität von und den gravierenden Konsequenzen aus Artikel 5 in Verbindung mit der Vorstellung, eine kalkulierbare, begrenzte "militärische Spezialoperation" statt eines Krieges führen zu können und einer komplett auf Krieg gedrillten russischen Industrie und Bevölkerung, genau zur Gefahr eines großen Krieges führt.

Und daher erachte ich es als elementar, dass wir besser als bisher und insb. auch ohne verlässliche Amerikaner im Rücken, das unbedingte Versprechen projizieren können müssen, dass ein militärisches Vorgehen egal wo und egal wie auf unserem europäischen Bündnisgebiet extreme Konsequenzen nach sich ziehen wird und es daran tatsächlich keinerlei Zweifel geben darf.

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