Vor allem junge Delegierte üben in der Debatte scharfe Kritik an der Asylpolitik der Ampelregierung. "Es ist unehrlich über Begrenzung zu reden, während die Welt in Flammen steht", sagt Vasili Franco, Delegierter aus Berlin. "Liebe Freundinnen und Freunde, ich bitte Euch. Lasst uns nicht schon auf diesem Parteitag einen Kompromiss mit konservativen Kräften verabschieden", drängt Sophia Pott aus Lübeck.
Welche, das schildert auf eindringliche Weise Außenministerin Annalena Baerbock: "Wenn ich mir vorstelle, es geht um jedes Flüchtlingskind in Thessaloniki, soll ich dann sagen, ich kann leider nicht mitverhandeln, das soll jetzt mein ungarischer Kollege alleine machen? Soll Robert das nächste Mal, wenn er bei der MPK [Ministerpräsidentenkonferenz] sitzt, sagen, ich kann da nicht mitverhandeln, das soll jemand anderes machen?" Baerbock fleht regelrecht ihre Parteifreunde an, den Antrag der Grünen Jugend abzulehnen.
Mit Verlaub: Blödsinn. Sahra Wagenknecht ist das bekannteste Gesicht der Linken in der Öffentlichkeit und erzählt seit Jahren was von nötiger menschlicher Härte. Dass sie innerhalb der Partei wenig relevant ist, ist da nicht mal wichtig — sie ist seit Jahren entscheidend für die Außenwirkung der Partei.
Das Problem ist, dass die Linke Anfang der 2000er primär als Protestpartei gewählt wurde. Und diese Rolle füllt jetzt die AfD aus. (Für die Rolle als Protestpartei ist es erst einmal irrelevant, dass die Linke oft produktive politische Ideen hat, während die AfD von Destruktion und Hass lebt. Aber die AfD hat den Vorteil, dass sie explizit eine Gegenöffentlichkeit aufbaut, deren Illusionen relativ beständig sind.)