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Bei der Nachwahlbefragung der Landtagswahlen in Brandenburg wurde „soziale Sicherheit“ als wichtigster Grund für die Wahlentscheidung angegeben. Ich frage mich: Warum reden dann alle bloß über Migration?

[...]

Trotz des angeblich so großen Wunsches nach sozialer Sicherheit hat in Brandenburg jede dritte Person die AfD gewählt. Was die AfD verspricht, wissen wir. Es ist so simpel wie menschenfeindlich und rassistisch: „Remigration“ im „großen Stil“. Im Klartext: die massenhafte Deportation von Menschen, die nicht-deutsche Wurzeln haben. Als würden damit auch nur ansatzweise Verteilungskämpfe geklärt, Brücken saniert oder Renten im Alter üppig. Und als würde dann die Bahn wieder pünktlich kommen.

Die tatsächlichen Probleme in unserem Land fallen durch die Nebelkerze der Migrationsdebatte ganz praktisch unter den Tisch. Schulgebäude sind so marode wie die Brücken. Der Deutsche Lehrerverband vermeldet bereits 2023 bis zu 40.000 unbesetzte Lehrerstellen. Auch in den Kitas fehlen Erzieherinnen und infolgedessen bereits 400.000 Kita-Plätze. Jeder Fünfte arbeitet im Niedriglohnbereich, die Altersarmut nimmt zu. Selbst wer 40 Jahre zum Mindestlohn arbeitet, landet geradewegs in Altersarmut. Horrende Mieten machen allein das Wohnen für einen Großteil der Bevölkerung zur Herausforderung.

Der Druck auf Menschen im unteren Lohnsegment wächst. Mehr Sanktionen, weniger Bürgergeld, schlechtere Verhandlungsgrundlage, größere Schmach und größeres Stigma für Menschen, die Sozialleistungen beziehen müssen, tun ihr Übriges. Abstiegsangst wird mit Schmarotzer-Rufen übertönt. Als wäre das alles nicht genug, wurde durch die Privatisierungen der 1990er Jahre unser Gesundheitssystem zur Gesundheitswirtschaft. Hier gelten andere Gesetze als im einstigen Solidarsystem. Der Markt regelt aber nur die Gewinne von Privatkliniken. Dumm gelaufen. Denn Gesundheit ist keine Ware.

Fehlende Kita-Plätze, Pflegenotstand und Lehrermangel, keine Arzttermine, schlecht bezahlte Arbeit, all das hat Auswirkungen auf die Menschen, ihr soziales Sicherheitsgefühl und -erleben. Kürzungspolitik in der Rezession führt nachweislich zum Aufstieg rechter Parteien. Das belegen renommierte Studien ganz klar – an die „glaubt“ Finanzminister Christian Lindner (FDP) aber nicht.

Die Antwort könnte so einfach sein: Sozialer Wohnungsbau, Mietpreisdeckel, Bildungsinvestitionen, faire Löhne, ein angemessenes Rentenniveau, ein armutsfestes Bürgergeld, flächendeckende Gesundheitsversorgung, ein progressives Steuersystem. Wenn dann noch die Bahn halbwegs pünktlich führe und das Deutschlandticket für alle bezahlbar wäre … dann wäre soziale Sicherheit kein weit entfernter Wunschtraum mehr, der angeblich durch ein paar Asylsuchende gefährdet werden könnte, sondern Realität. Niemand mehr müsste wütend die Menschenrechte mit Füßen treten. Niemand müsste mehr nach unten treten. Das muss natürlich auch jetzt niemand, aber leider passiert es und wird aktiv gepusht durch eine Politik, der die Menschen im Gegensatz zu Umfragewerten scheißegal sind. Medien, die für gute Klickzahlen jede noch so grundgesetzferne Forderung zur Schlagzeile machen, spielen bei diesem Spiel mit.

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[-] sebsch@discuss.tchncs.de 18 points 1 month ago

Das argument funktioniert in Wirklichkeit so:

Schaumal Michel, der Ausländer will dein Stück vom Kuchen.

Gleichzeitig erlaubt man $Bank die Küchenfabrik zu stehlen, da too big to fail und Kumpel und so

[-] runiq@feddit.org 29 points 1 month ago* (last edited 1 month ago)

Solange Bank und Kuchenfabrik Arbeitsplätze für Deutsche schaffen und er sich Kuchen leisten kann sind Besitzverhältnisse dem Michel egal.

[-] sebsch@discuss.tchncs.de 8 points 1 month ago

Nur hat er immer weniger von Kuchen. Es sind bereits große Teile Deutschlands ( auch durch die Politik der SPD) am oder unter der Armutsschwelle.

Wäre es ihm egal, würde das Argument nicht greifen. Es funktioniert aber leider sehr gut und dient davon abzulenken dass wir bestohlen werden.

[-] SapphireSphinx@feddit.org 11 points 1 month ago

Es sind bereits große Teile Deutschlands ( auch durch die Politik der SPD) am oder unter der Armutsschwelle.

Jeder fünfte arbeitet heutzutage im Niedriglohnbereich. Und das ist eine Leistung auf die man in der SPD explizit Stolz war.

"Wir müssen einen Niedriglohnsektor schaffen, der die Menschen, die jetzt Transfer-Einkommen beziehen, wieder in Arbeit und Brot bringt." [...] "Wir haben unseren Arbeitsmarkt liberalisiert. Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt.".

https://www.fr.de/wirtschaft/volltreffer-schroeder-11711543.html

Nach allem, was man bei der SPD so sieht, hat sich an dem Stolz nichts wesentlich geändert.

Gratiskuchen für Ausländer ist das gefühlte Problem.

this post was submitted on 08 Oct 2024
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