this post was submitted on 19 Sep 2025
9 points (65.5% liked)

DACH - Deutschsprachige Community für Deutschland, Österreich, Schweiz

4261 readers
625 users here now

Das Sammelbecken auf feddit.org für alle Deutschsprechenden aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Liechtenstein, Luxemburg und die zwei Belgier. Außerdem natürlich alle anderen deutschprechenden Länderteile der Welt.

Für länderspezifische Themen könnt ihr euch in folgenden Communities austauschen:

___

Aus gegebenem Anlass werden Posts zum Thema Palästina / Israel hier auf Dach gelöscht. Dasselbe gilt zurzeit für Wahlumfragen al´a Sonntagsumfrage.
___

Einsteigertipps für Neue gibt es hier.
___

Eine ausführliche Sidebar mit den Serverregeln usw. findet ihr auf der Startseite von feddit.org

___

founded 1 year ago
MODERATORS
 

Kausalität : Wenn man aufgeputscht ist, reagiert man schneller gereizt, sagt Dinge extremer, als man eigentlich meint. Darauf folgt die nachträgliche Rationalisierung: Man denkt sich Gründe aus, warum man „natürlich völlig im Recht“ war. So bleiben Fronten verhärtet, nicht weil die Themen unlösbar wären, sondern weil Kaffee unseren Kopf beim Streiten austrickst.
Erst "nüchtern" kommt rachträglich die eine oder andere Einsicht.

Korrelation: Oft stelle ich selbst nach einem Streitgespräch fest, dass wir dabei ziemlich viel Kaffee getrunken hatten. Aber auch der Kaffeekomsum in ganz Deutschland steigt, während die Spaltung ebenfalls zunimmt.
Ich vermute, der politische West-Ost-Gradient korreliert auch mit dem Kaffeekonsum. Im Osten ist ständig verfügbarer Kaffee (sprich >3,0 Tassen am Tag) erst seit einer Generation üblich, sodass sich die (Gesprächs-)Kultur vielerorts verglichen mit NRW (>4,0 Tassen) noch nicht auf hitzigere Köpfe einstellen konnte.

Fazit : Kaffee trägt Mitschuld. Wir sollten wieder runterkommen davon.

Wo liege ich falsch?

all 27 comments
sorted by: hot top controversial new old
[–] Zacryon@feddit.org 13 points 1 day ago* (last edited 21 hours ago) (2 children)

Wenn (übermäßiger) Kaffeekonsum mit Schlafmangel einhergeht, ist gereiztes Verhalten nicht verwunderlich. Das liegt aber am Schlafmangel, nicht am Kaffee.

Anders sieht es bei Migräne aus. Migräne kann reizbar machen. Kaffeekonsum kann je nach Art und Menge des Konsums Migränesymptome sowohl lindern als auch auslösen. Hier wäre also eine direkte Kausalitätskette vorhanden. Kaffee -> Migräne -> Reizbarkeit.

Unter "gesunden Voraussetzungen" macht Kaffee aber erstmal wacher und schärft die kognitive als auch körperliche Leistungsfähigkeit. (Was unter Umständen auch gefährlich sein kann, da wichtige Körpersignale verdeckt werden können.) Die Art von Reizbarkeit, die du beschreibst, sehe ich ohne entsprechende persönliche Prädisposition nicht gegeben. Wenn jemand ohnehin schon ein Wutkopf ist, kann Kaffee das natürlich verstärken. Da ist dann aber nicht ursächlich der Kaffee dran Schuld.

Ist aber eine interessante Frage. Bei anderen Substanzen, wie z.B. dem Klasse 1 Karzinogen Alkohol, sind die psychologischen Effekte wie auch hinsichtlich Reizbarkeit ja durchaus schon gut untersucht und dokumentiert.

Für Kaffee wurde das ebenfalls untersucht. (Achtung: Ich habe aus Gründen der Zeit und Lust idR nur die Abstracts gelesen.)

Diese Studien zeigen, dass Kaffeekonsum eher entspannt, statt aggressiv zu machen:

Diese weist darauf hin, dass es keine ausreichende Evidenz für aggressives Verhalten in Jugendlichen aufgrund von Kaffee gibt, aber weitere Forschung erforderlich ist: https://doi.org/10.1016/j.yrtph.2015.12.002

Hier wird darauf hingewiesen, dass Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen verstärkte Symptome (Angstzustände, Schlafstörungen, Essstörungen, Feindseligkeit und weiteres) aufgrund von Kaffee haben können bzw. Kaffee sich auch nachteilig auf Diagnose und Behandlung auswirken kann. https://doi.org/10.1192/apt.11.6.432

Verstärkung von Angstsymptomen wurde auch hier angegeben, allerdings verbunden mit einer hohen Koffeinzufuhr, insbesondere bei Personen, die bereits an Angststörungen leiden: https://doi.org/10.1016/bs.pbr.2024.06.015
Es werden auch positive Auswirkungen auf Personen mit Depressionen genannt, sofern die Einnahme moderat bleibt. Allerdings gibt es hierbei eine hohe individuelle Varianz. Über aggressives Verhalten wird hier nichts berichtet.

Korrelationen zwischen Koffeinkonsum, insbs. Kaffee, und Stress, Angst und Depressionen wurde für Schulkinder als koffeinsensible Gruppe festgestellt: https://doi.org/10.1177/0269881115612404 Kausalität ist hierbei jedoch nicht entscheidbar, ebenso ist nicht von Aggression o.ä. die Rede.

In dieser Metaanalyse wurde auch herausgestellt, dass Koffein Angstzustände verstärken oder sogar (auch bei gesundenen Erwachsenen) auslösen kann, insbs. bei hohen Dosen. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2024.1270246

Der angstauslösende Effekt von Koffein hat auch einen Wikipediaartikel und gilt inzwischen auch als eigene Diagnose: https://en.m.wikipedia.org/wiki/Caffeine-induced_anxiety_disorder

Diese Untersuchung legt nahe, dass feindselige / aggressive Persönlichkeitszüge durch Koffein in Personen verstärkt wird, die auch so bereits als feindselig / aggressiv gelten: https://doi.org/10.1016/S0191-8869(00)00097-0

In dieser systematischen Metastudie wird erfasst, dass es für Dosen von weniger als 400 mg Koffein pro Tag keine Hinweise auf erhöhte Aggressionslevel gibt. Ab einer sehr stark erhöten Tagesmenge von 1200 mg wurde jedoch durchaus in einer Studie erhöhte Aggression beobachtet: https://doi.org/10.1016/j.fct.2017.04.002
(Zum Vergleich: das entspricht circa 1,5 Liter Kaffee am Tag. Wer so viel Kaffee säuft, hat ohnehin andere Probleme.)

Fazit

Auf Basis dieser kurzen Recherche zeigt sich in der wissenschaftlichen Literatur kein aggressionsfördernder Zusammenhang bei Kaffeekonsum in gesunden Menschen. (Außer man nimmt extreme Mengen ein, wie z.B. 1,5 Liter Kaffee am Tag.)
Im Gegenteil: es wird nahegelegt, dass Kaffee eher entspannt und aggressive Gefühle oder Verhaltensweisen mindert.

Bereits bestehende aggressive Persönlichkeitszüge können jedoch durch Kaffee verstärkt werden. Hier ist aber die individuelle Prädisposition ausschlaggebend und nicht der Kaffee.

Problematisch ist Kaffee bzw. Koffein offensichtlich in Zusammenhang mit Angststörungen, da es Symptome verschlimmern kann. Dosen von mehr als 400 mg können auch in gesunden Erwachsenen Angstzustände auslösen. Wer betroffen ist, sollte also lieber den Konsum zurückfahren oder ganz die Finger davon lassen.

Interessant ist auch, dass bei mäßiger Koffeineinnahme Symptome von Depressionen gemildert werden können. Hier gibt es aber auch eine hohe individuelle Varianz, d.h. wird nicht bei jedem so funktionieren und könnte bei sensiblen Personengruppen sogar Symptome verschlechtern.

Das Vorliegen individueller Faktoren ist also auch ausschlaggebend dafür in welcher Art Koffein auf einen wirkt. Sensible Personengruppen oder jene mit o.g. Prädispositionen sollten daher Vorsicht walten lassen.

Achtung

Ich habe hauptsächlich Abstracts gelesen. Das ist nicht mein Fachgebiet (bin Ingenieurwissenschaftler, kein Mediziner). Meine Recherche war kurz und ist daher nicht mit einer ausführlichen, neutralen, wissenschaftlichen Literaturanalyse gleichzusetzen.
Im Zweifel sprich lieber mit deinen Ärzten und Psychologen, wenn du Bedenken hast.

Edit: Hatte einen Link versehentlich doppelt.

[–] suff@piefed.social 2 points 22 hours ago

Die Recherche hätte ich auch machen sollen. Dafür stimmte mein Pegel scheinbar nicht..

[–] megrania@discuss.tchncs.de 3 points 1 day ago

Danke für diese großartige Zusammenfassung :)

[–] aaaaaaaaargh@feddit.org 17 points 1 day ago (1 children)

Du machst den Fehler, einen Sachverhalt aus deiner Einzelfallbeobachtung abzuleiten und zu verallgemeinern, um daraus eine Kausalität abzuleiten, was deine komplette Schlussfolgerung ungültig macht.

(Ohne Kaffee geschrieben)

[–] suff@piefed.social 2 points 1 day ago

Ich habe Indizien zusammengetragen. Zu manchem habe ich Statistiken gefunden, deren Unabhängigkeit ich wiederum nicht prüfen konnte.

+1Δ für diese Kritik

[–] Hubi@feddit.org 15 points 1 day ago (1 children)

Kann nicht relatieren. Ich trinke weder Kaffee noch Energydrinks und streite mich trotzdem.

Bin im selben Boot. Wenn ich Mal Schwarztee trinke kann ich aber nicht so gut schlafen. Bin dann noch müder und deshalb schlecht gelaunt, was durchaus zu mehr Streit führen kann!

[–] Teppichbrand@feddit.org 12 points 1 day ago* (last edited 1 day ago)

Ich habe vor Jahren mal eine Studie gelesen, in der bestätigt wurde, dass Kaffee entspannt und kompromissbereit macht. Das ist bei uns seitdem so ein Dauerwitz:
"Trink erst mal einen Kaffee, dann reden wir weiter."
Ich kann die Studie jetzt gerade nicht mehr finden, bin mir aber sicher, dass sie seriös war und existiert hat. :)

Anderes Thema:
Wir bestellen ihn zusammen mit Bohnen, Nudeln und Dosentomaten immer beim Café Libertad Kollektiv

[–] Zwuzelmaus@feddit.org 12 points 1 day ago

Korrelation: Oft stelle ich selbst nach einem Streitgespräch fest, dass wir dabei ziemlich viel Kaffee getrunken hatten.

Das kann eine Korrelation sein, aber man kann genausogut selektive Wahrnehmung vermuten. Hast du mal versucht, die Beobachtung zu objektivieren?

[–] Damarus@feddit.org 8 points 1 day ago* (last edited 1 day ago) (1 children)

Ich weiß nicht so recht. Das klingt erstmal schlüssig, aber ich bin deutlich reizbarer wenn ich müde bin. Mehr als zwei Tassen Kaffee am Tag trinke ich aber auch nicht, und das ist schon viel für mich. Wahrscheinlich gibt es, wie bei so vielem, eine goldene Mitte.

[–] suff@piefed.social 1 points 1 day ago

Es gibt (leider) einen "Betriebspegel", das stimmt. Erfahrungsgemäß verleitet aber das Trinken in Gesellschaft (im Gespräch) dazu, den Pegel eher zu überschreiten als allein im Büro.

[–] probable_possum@leminal.space 5 points 1 day ago* (last edited 1 day ago)

Ja, durchaus möglich. Nein, nicht falsch. Das Puzzle hat noch mehr Teile vermute ich.

Ich verorte es bei den Aspekten persönliches Stresslevel und ob man gerade empathisch agieren kann oder nur bei sich ist. Sympathie / Antipathie. Recht haben wollen, statt Kompromissbereitschaft ist eine innere Einstellung und wird auch durch die eigene Persönlichkeit mitgeprägt. Die eigene Stimmung (freudig oder überfordert) hat nen Einfluss.

Kaffee... Besser wäre es ohne. Dann müsste ich aber abends/ nachts abeiten. Das machte die Zusammenarbeit und Terminfindung komplizierter.

[–] megrania@discuss.tchncs.de 3 points 1 day ago* (last edited 1 day ago)

Ich glaube die Wirkung von Kaffee variiert doch stark von Mensch zu Mensch, von daher glaube ich das das alles recht weit hergeholt ist.

Im Vergleich zu anderen Faktoren (wirtschaftlicher Druck, Zukunftsängste, Klimekatastrophe usw) zu vernachlässigen, würde ich vermuten.

(einzelner) Datenpunkt: Als sich die Gesellschaft zu Zeiten der Weimarer Republik gespalten hat, war das noch unter dem Eindruck der Weltwirtschaftskrise, als Kaffee ein teures Luxusgut war ...

[–] ISOmorph@feddit.org 6 points 1 day ago* (last edited 1 day ago) (1 children)

Ich finde du solltest in deiner Hypothese hinterfragen, ob Kaffee wirklich aufputscht.

Ich war sehr lange Kaffeetrinker und hab es aber nun seit einigen Jahren ersatzlos aufgegeben. Wenn ich jetzt Kaffee trinke, putscht es tatsächlich auf, und ich lauf rum wie auf koks. Damals, war der Kaffee die Voraussetzung um überhaupt zu funktionieren, sprich ohne Kaffee war ich runtergeputscht.

Meine Hypothese wäre also, dass die Anwesenheit von Kaffee im System kein Einfluss auf das Verhalten von Kaffeetrinkern hat, sondern eher dessen Abwesenheit. Nur bei nicht-Kaffeetrinkern ist es andersrum.

Meine Conclusio wäre also die gleiche wie deine, aber aus anderen Gründen. Kaffee ist nur nützlich, wenn es gezielt konsummiert wird. Somit sollte jeder idealerweise den Konsum stark einschränken. Kaffee als Genussmittel sollte nur Koffeinbefreit konsumiert werden.

[–] suff@piefed.social 1 points 1 day ago

Ja, es gibt einen "Betriebspegel", aber ...

[–] Feddinat0r@feddit.org 4 points 1 day ago (2 children)

Ich bin definitiv TeamTee, aber ich bin so extrem faul, SenseoPadKaffee geht einfach schneller und einfacher

[–] suff@piefed.social 2 points 1 day ago

Grüner und Schwarzer Tee enthalten ebenfalls Koffein (mit Teein identisch.)

[–] ZonenRanslite@feddit.org 2 points 1 day ago (2 children)

Kaffeevollautomat regelt, Knopf drücken und fertig.

[–] Teppichbrand@feddit.org 9 points 1 day ago* (last edited 1 day ago) (1 children)

Benutzername prüft aus. :)
Ich habe schon einige Kaffee-Automaten repariert und das ist oft kein Spaß. Irgendwo unter der Abdeckung sitzt immer Schimmel und ranzt unbemerkt vor sich hin. Ich weiß nicht ob das bei Tee-Automaten auch passiert, aber Kaffee wird bei uns immer noch von Hand mit einem Keramiktrichter aufgeschüttet. Das ist garantiert gammel-frei.

Iiih, ja, beim vorletzten Arbeitgeber kam Mal jemand, weil einer der Vollautomaten kaputt war. Meine Fresse war das eklig, als der das Ding aufgemacht hat...

[–] Feddinat0r@feddit.org 5 points 1 day ago (2 children)

Der hat leider sowas wie reinigungsaufwand

[–] ZonenRanslite@feddit.org 4 points 1 day ago (1 children)
[–] Feddinat0r@feddit.org 4 points 1 day ago (1 children)

Du unterschätzt meine Faulheit

[–] ZonenRanslite@feddit.org 8 points 1 day ago (1 children)

Da habe ich einen Witz für dich.

Ein Wagenmeister und ein Lokführer gehen am Zug entlang. Plötzlich ruft jemand "Hey du faules Schwein". Wer dreht sich um?
Der Wagenmeister, der Lokführer ist zu faul dazu.

[–] Feddinat0r@feddit.org 4 points 1 day ago

Vlt sollte ich meinen Beruf wechseln wenn ich das so lese.

LKW Fahrer war ja schon immer en traum von mir, so anders kann ja Lokführer auch nicht sein

[–] suff@piefed.social 2 points 1 day ago

Relevante Sternstunde zum Thema externe Beeinflussung der Gefühle (wie unangemessene Wut im Streit):

Sternstunde Philosophie: Die Macht der Gefühle – von Angst bis Zorn

Episode webpage: https://www.srf.ch/audio/sternstunde-philosophie

Media file: https://download-media.srf.ch/world/audio/Sternstunde_Philosophie_radio/2025/06/Sternstunde_Philosophie_radio_AUDI20250531_NR_0016_887c52fab8194376a5da763a1a325f77.mp3?d=ap&assetId=5400a8e3-c257-3bc4-a27a-aad5e1709c70