Die Sozialdemokratie in Europa steht am Scheideweg. Das behaupten zwei britische Professoren. Als warnendes Beispiel haben sie den deutschen Kanzler ausgemacht.
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Dass hinter dem Regierungsstil des Sozialdemokraten Scholz nicht etwa politisches Kalkül, sondern ein Mangel an Richtlinienkompetenz stecken könnte, diese These stellen nun zwei britische Autoren auf. In einem Aufsatz für den britischen "Guardian" machen sich Tarik Abou-Chadi und Tom O'Grady Gedanken über die Zukunft der Sozialdemokratie im Allgemeinen und im Besonderen in Deutschland und England.
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Scholz zeichnen sie als von "Natur aus vorsichtigen Technokraten", der sich plötzlich in einem Land wiedergefunden habe, das vom Weg abgekommen ist. Als einen Politiker, der seine politischen Ziele über Bord wirft, nur um die schwarze Null zu gewährleisten, also den ausgeglichenen Staatshaushalt. "Mehr als zwei Jahre nach seinem Amtsantritt wirkt die Regierung ohne Orientierung, ohne jegliche Vision für die Zukunft", so die Autoren. In diese Lücke stoße nun immer stärker die politische Rechte. Die Sozialdemokratie hingegen renne "schnurstracks in die Niederlage".
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Um diese Entwicklung aufzuhalten, brauche es starke politische Programme und durchsetzungsfähige Akteure. All das sehen er und O'Grady jedoch weder bei Scholz noch bei seinem britischen Widerpart Keir Starmer. Auch der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück attestierte Scholz zuletzt einen gewissen "Mangel an Führung und Orientierung".
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Weder Starmer und seine Labour-Partei, noch Scholz und die SPD hätten die passenden Rezepte für die Herausforderungen der Gegenwart: "Mit dem Unterschied, dass Starmer noch Zeit hat, das Ruder herumzureißen."