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submitted 1 year ago by srai@feddit.de to c/dach@feddit.de

Die Erde ist eine Kugel. Menschen und Affen haben einen gemeinsamen Vorfahren und teilen mehr als 90 Prozent ihrer DNA. Die Erde erwärmt sich, und menschliche Aktivität ist die Hauptursache dafür.

Alle diese Aussagen haben eines gemeinsam: Sie gelten als wissenschaftlicher Konsens, als gesicherte Erkenntnis - und dennoch erkennt ein nennenswerter Teil der Menschen das nicht an. So glaubt laut einer Umfrage vom März knapp ein Viertel aller Deutschen nicht an den menschengemachten Klimawandel. Kreationisten vor allem in den USA sind überzeugt, dass Gott den Menschen, so wie er ist, geschaffen hat. Und selbst dass die Erde eine Scheibe ist, wird von einigen Menschen als wahr angenommen. Warum glauben viele Menschen nicht der wissenschaftlichen Evidenz?

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[-] hillimor@discuss.tchncs.de 23 points 1 year ago

Wissenschaft ist halt nicht wirklich zugänglich, wenn ich mir ein eigenes Bild machen will. Ich kann meine "Fragen" zwar an Google Scholar oder andere Portale stellen, muss die Antwort aber dann eigentlich selbst zusammensuchen aus mehreren Quellen.

Den Aufwand macht sich halt ein Otto Normalbürfer nicht, stattdessen reicht es wenn eine Zeitung/Online-Magazin auf eine einzelne Studie zeigt und diese dann aufbauscht bis ins Nirvana. Schon oft gab es ja Schlagzeilen die sich auf Studien beriefen, bei genauerer Betrachtung war dann jedoch die Studie nicht so schlagkräftig, wie zuerst behauptet.

Ich würde mir mehr Wissenschaftskommunikation und Diskurs wünschen - ich glaube nur so wird man Wissenschaftsleugner los...

[-] srai@feddit.de 14 points 1 year ago

auf eine einzelne Studie zeigt und diese dann aufbauscht bis ins Nirvana.

Das ist auf jeden Fall ein großes Problem, grade bei kleinen Studien sieht man das häufig, obwohl ja eigentlich der Grundsatz "eine Studie macht noch keinen Sommer" gelten sollte. Das führt dann natürlich auch dazu, dass bei einigen ein Gefühl aufkommt, dass sich "die Wissenschaft" eh immer widerspricht und nichts in Stein gemeißelt ist. Grade zu letzterem ist mir schon öfter mal zu Ohren gekommen, dass die Leute glauben, dass z.B. die Physik die sie in der Schule lernen würden falsch sei, da die Quantenmechanik der Newton-Mechanik widerspreche. Also vielen scheint gar nicht bewusst zu sein, dass neue Theorien die experimentell gehärteten Aussagen von voran gegangenen Theorien in den Wissenschaften einschließen müssen und diese Ausbauen.

[-] GCostanzaStepOnMe@feddit.de 22 points 1 year ago* (last edited 1 year ago)

Das wird im Artikel nur teilweise angeschnitten, aber ich denke ein großer Punkt ist institutionelles Vertrauen, also der Glaube daran, dass die Institutionen die maßgeblich dein Leben beeinflussen es gut mit dir wollen. Jeder der z.B. eine chronische Krankheit hat und sich im Gesundheitswesen zurechtfinden muss weiß selber, wie schnell dieses Vertrauen verspielt werden kann. Und dann wird die Subversion, also der Kampf gegen die Institutionen eben identitätsstiftend.

[-] srai@feddit.de 12 points 1 year ago

Das ist natürlich auch ein wichtiger Punkt! Wenn sich Menschen in der Maschine des Jobcenters / Sozialamtes befinden, dann erleben sie den Staat häufig als feindlich und gegen sie gerichtet. Das geht wie von dir beschrieben ja schon bei den Krankenkassen los, wo man viele Dinge die einem qua Gesetzt zustehen trotzdem erst über ein Widerspruchsverfahren erstreiten muss. Dies passiert auch noch in einer Situation, wo sie staatliche Institutionen eigentlich am dringendsten Brauchen. Das man dann anfängt alles abzulehnen, was nach Staat "riecht" ist eigentlich naheliegend, auch wenn Forschende selber nicht zum Staat gehören, kann es wahrscheinlich von außen so aussehen.

[-] corristo@programming.dev 20 points 1 year ago

Corona hat gezeigt, dass da sicher auch die Akzeptanz von Homoeopathie und anderen alternativen "Heilverfahren" einen grossen Anteil daran hat. Wenn Aerzte und Apotheken fuer diesen Schwurbel werben und die Krankenkasse sogar die Kosten uebernimmt, obwohl es keinerlei Nachweis fuer die Wirksamkeit gibt ist es ja verstaendlich, dass das Bild entsteht, dass die Behauptung irgendwelcher Schwurbler und echte wissenschaftliche Forschung gleichwertig sind und man sich aussuchen kann, wem man glauben will.

Vom Mistrauen in die medizinische Forschung ist es dann natuerlich nicht mehr weit, der Wissenschaft allgmein nicht zu trauen.

[-] AvoidMyRage@feddit.de 0 points 1 year ago

Gerade Covid hat aber auch die Schwächen der Wissenschaft und vorallem der Wissenschaftskommunikation aufgezeigt. Wenn man die Fakten dem politischen Willen unterwirft (in beide Richtungen), dann macht man sich angreifbar. Ich erinnere mich noch, wie das RKI erst meinte, Masken seien nicht nötig, als wir in Thailand schon seit Januar welche trugen. Dass man nach dem Sommer 2020 immer noch überall Hände desinfizieren musste, obwohl gesichert war, dass Schmierinfektionen nicht stattfinden, das Trara um die N95-Masken später.

Das alles schafft in der nicht-informierten Gesellschaft für Unsicherheit, später zu Resignation oder Trotzreaktion.

[-] Heringssalat@feddit.de 15 points 1 year ago* (last edited 1 year ago)

Das ist sicher nicht der einzige Faktor, aber mMn haben die Medien da viel Vertrauen verspielt.
Es wurde zu oft "Die Wissenschaft sagt" als Autoritätsargument missbraucht, wenn es nur ein-zwei schwache Studien gab (und vielleicht sogar etwaige Studien mit konträrem Ergebnis ignoriert wurden).

Das gilt jetzt weniger für Themen aus der Physik, Mathematik oder Chemie, wie eben den Klimawandel, als für Themen aus den Sozialwissenschaften.
Aber das läuft ja alles als "die Wissenschaft sagt" und die Einordnung welche Konfidenz in die Ergebnisse etwaiger Studien besteht wird ja meist weggelassen - das verkauft sich schlechter oder würde das eigene Argument schwächen. Dadurch sinkt dann auch das Vertrauen in die Wissenschaft als ganzes.

[-] mackpack@feddit.de 9 points 1 year ago

Dazu kommt noch, dass mit wissenschaftlichen Studien auch viel Schabernack getrieben werden kann, der für den Laien kaum erkennbar ist. Wenn Wirtschaft und Politik sich zu jeder Behauptung eine passende Studie kaufen können (und die seltene unpassende Studie unterdrückt wird), dann sinkt natürlich auch das Vertrauen n solche Studien.

[-] ratatosk@feddit.de 13 points 1 year ago

Warum Menschen der Wissenschaft nicht glauben?

Sie glauben, was sie glauben wollen, Jahrtausende voller Religionen sind Beweis genug.

Wissenschaftliche Erkenntnisse nehmen keine Rücksicht auf Wünsche und auch keine auf politische Vermarktungsfähigkeit.

[-] float@feddit.de 6 points 1 year ago

Medizin in Physik in einem Satz im Bezug auf Fortschritt in der Forschung zu erwähnen ist m.M.n. schon ein Fehler. Die Medizin steckt trotz großer Fortschritte noch in den Kinderschuhen und hat zusätzlich ein riesiges Problem: so ziemlich jeder angehende Arzt möchte auch einen Dr. med. haben. Die wissenschaftliche Qualität der durchschnittlichen Dissertation in dem Feld ist unterirdisch. Häufig wird sie in einem Semester nebenher geschrieben. Daraus werden dann schnell unpräzise Folgerungen gezogen, es muss ja schließlich eine Erkenntnis her. Ein Bärendienst für die Wissenschaft. Zur Verteidigung: es ist auch nicht einfach eine medizinische Studie mit signifikanter Aussagekraft anzufertigen. Es fehlt an Daten und Versuchsobjekten. Es handelt sich schließlich um Menschen, nicht um Atome oder Moleküle die ich in beliebiger Anzahl verfeuern kann.. Vielleicht wäre es an der Zeit den Dr. med. umzustrukturieren, mit Wissenschaft hat der nämlich leider häufig nicht mehr viel zu tun.

[-] GalataBridge@feddit.de 5 points 1 year ago

Kenne in meinem Bekanntenkreis leider ziemlich viele, die nicht zu einem Arzt ohne Dr.-Titel gehen würden, viele Menschen meinen sogar, Ärzte ohne Dr. wäre gar nicht möglich. Und genau aus diesem Grund wirds wohl gemacht und wird sich wahrscheinlich auch nichts ändern.

[-] float@feddit.de 1 points 1 year ago

Ist leider ein klassischer Teufelskreis..

[-] dreikelvin@lemmy.world 4 points 1 year ago* (last edited 1 year ago)

Ich denke gezielte Desinformation und Lobbyismus sind die Hauptgründe.

Viele Menschen sind aber einfach von Natur aus neugierig nach Wissen und um Wissenschaftler zu sein, muss man jetzt nicht gleich ein Professor werden. Wohl schon, wenn Du offiziell forschen und Studien herausbringen willst, natürlich. Ich habe in meiner Jugendzeit, wie auch soviele andere Desinformation aufgesaugt, wie etwa, dass Zucker dich in der Schule besser macht oder dass Calgon deine Waschmaschine länger leben lässt. Trotzdem habe ich mich in einen kuriosen Nachforscher entwickelt und kann Desinformation schon aus elf Metern Entfernung riechen.

Auf der anderen Seite wirst du aber auch immer einen Teil der Bevölkerung vorfinden, der sich alles durch "Magisches Denken" erklärt und offizielles Wissen gerne ignoriert, seien es nun Monotheistische Entitäten, Ufos oder Rokko, der Basilisk und Saufkumpel aus der Zukunft.

[-] gapbetweenus@feddit.de 4 points 1 year ago

Aus meiner persönlichen Erfahrung würde ich sagen das die Schule und wie die wissenschaftliche Methode beigebracht wird (fast gar nicht) eine große Rolle spielen, zusammen mit nebulöser und sensationeller Berichterstattung. Wenn man sich die Zeit nimmt, den gegenüber ernst nimmt und versucht zu erklären wie Wissenschaft zu den Erkenntnissen kommt und was es von anderen Methoden unterscheidet und erfolgreich macht - dann entsteht gleich viel mehr Vertrauen.

[-] pineapple_santa@feddit.de 4 points 1 year ago

Ein Aspekt, der in solchen Betrachtungen immer vernachlässigt wird, ist meiner Meinung nach auch die Verantwortung der Wissenschaft selbst. Die unzureichende Auseinandersetzung mit p-Hacking und Datenfälschung untergräbt auch mein eigenes Vertrauen in Primärquellen.

Ich würde fast so weit gehen zu behaupten, dass Studien ohne prepublication nicht mehr modernen wissenschaftlichen Standards entsprechen. Ist leider immer noch nicht der Standard.

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this post was submitted on 17 Jul 2023
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